Tageszeitung „Die Glocke“ vom 18.11.2017:
Cartoonist Peter Gaymann zu Gast
„Das Tolle am Zeichnen ist: Alles ist möglich“
Von unserem Redaktionsmitglied Anja Husmann
Wadersloh (gl). Peter Gaymann nimmt den dicken Filzmarker in die Hand und nur wenige Striche später ist Gelächter im Rathaussaal zu hören: Sein frisch gezeichnetes Huhn hat nur ein halbes Ei gelegt, weil es beschlossen hat, ab sofort nur noch halbtags zu arbeiten. Die Zeichnungen mit dem witzig-frechen Federvieh sind das Markenzeichen des bekannten Zeichners, der gestern Nachmittag auf Einladung des Seniorenheims St. Josef in Wadersloh zu Gast war.
Der gebürtige Freiburger und Wahlkölner stellte sich und seine zeichnerische Arbeit vor und sprach auch aus ganz persönlichen Motiven zum Thema „Demenz und Cartoon“. Damit beendete Gaymann zugleich die Fachtagung zum Thema „Kunst und Humor in der Demenz“, an der Betreuungskräfte aus unterschiedlichen Bereichen und Einrichtungen aus dem Ort und der Region teilgenommen hatten. Es gab nicht nur viel Interessantes zum Thema zu hören, sondern es wurde auch getanzt und gemalt.
Einrichtungsleiter Andreas Wedeking begrüßte Peter Gaymann im Rathaus und verriet dabei mit einem Augenzwinkern, dass es auch in Wadersloh viele „freundliche und verrückte Hühner“ gebe. Er freue sich darauf, dem Zeichner auf die Finger schauen zu dürfen.
Peter Gaymann lieferte den Tagungsteilnehmern und interessierten Gästen anschließend zahlreiche Gründe, um mal wieder herzhaft zu lachen. Denn wenn eine Schnecke zum Hochspringer wird und es sich ein dicker Elefant auf einem dünnen Ast bequem macht, dann muss das wohl am Willen liegen – oder an der Atemtechnik.
„Das ist das Tolle am Zeichnen. Alles ist möglich, und man kann den Alltag aus den Angeln haben“, sagte Peter Gaymann und erklärte sein kreatives Prinzip: Dinge verfremden und dabei auch mal Grenzen überschreiten, um schöne Geschichten zu erzählen. Am Flipchart in Rathaus zeichnete er nacheinander vier Cartoons, die anschließend von Clemens Küpper und Christoph Buschmeier vom Lions-Club Gütersloh Lutteraue versteigert wurden. 389,68 kamen dabei zusammen, die zu gleichen Teilen an die Alzheimer Gesellschaft im Kreis Warendorf und den Bundesverband der Kinderhospize gehen.
Wie Komik zu Krankheit passt
Wadersloh (ahu). „Ach ja, Sie sind ja der mit den Hühnern“, diesen Satz hört Peter Gaymann häufiger. Immer wieder mischt sich das Federvieh in seine Zeichnungen, auch wenn es inzwischen andere Schwerpunkte gibt.
Seit 40 Jahren zeichnet Gaymann Cartoons, seit 25 Jahren für die Frauenzeitschrift „Brigitte“. Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt Freiburg studierte er dort Sozialpädagogik. Als er nach dem Studium das Zeichnen weiter vorangetrieben habe, sei sein Vater zunächst gar nicht erbaut gewesen, schilderte Peter Gaymann seinen Werdegang. In der Badischen Zeitung erschien schließlich sein erster Cartoon, den er auch in Wadersloh aufs Papier brachte: die Hühnerwitwe, die mit dem Ausspruch „Alfons, sag doch was“ neben dem gebratenen Gockel steht.
Seit etwa sechs Jahren beschäftigt sich Peter Gaymann mit dem Thema Demenz auch auf dem Papier. Gemeinsam mit Dr. Thomas Klie hat er das Buch „Demensch. Texte und Zeichnungen“ herausgegeben, dazu gibt es Postkartenkalender. Peter Gaymann ist zudem Botschafter für den Bundesverband der Kinderhospize.
Ob man Komik und Krankheit kombinieren könne, darüber habe er viel nachgedacht. Heute erhalte er viele dankbare Briefe aus Krankenhäusern und anderen Einrichtungen. Gleichwohl wisse er natürlich auch, dass Humor nicht alle Probleme lösen könne. Dass gerade Pflegekräfte viel Humor in ihren Rucksack packen müssen, um für den Berufsalltag gewappnet zu sein, stellte Andreas Wedeking am Ende heraus.
Ab dem 19. Januar werden 170 Original-Zeichnungen von Peter Gaymann im Beckumer Stadtmuseum ausgestellt.
Tageszeitung „Die Glocke“ vom 15.11.2017:
Senioren zu Gast am Johanneum
Musikunterricht wie früher, aber doch ganz anders
Von unserem Redaktionsmitglied Anja Husmann
Wadersloh (gl). Erwartungsvoll sitzen Anni Bröcher (93), Edith Bischoff (94), Elisabeth Böckmann (92) und Paula Sudholt (92) im Klassenzimmer. Vor den Seniorinnen stehen Apfelschorle und Wasser. Ihre Betreuer aus dem St.-Josef-Haus, Alexander Hauffen und Karin Busch, sitzen ihnen heute Vormittag im Gymnasium Johanneum zur Seite. Plötzlich geht die Tür auf.
Die Schüler des Musikkursus der Q1 kommen herein, einige von ihnen tragen Instrumente. Stühle und Tische werden umgestellt, und es wird sogleich laut. Musiklehrer Martin Große Hundrup stellt sich den Gästen vor. Er hat hier heute Vertretung für Kursusleiter Guido Geimer. „Die Schüler finden die Aktion super. Jetzt haben sie mal ein kleines Publikum hier“, sagt er und nimmt hinter dem Keyboard Platz.
Die eigentliche Musikstunde, an der im Rahmen der Aktionswoche „Kunst und Humor in der Demenz“ auch die vier Bewohnerinnen aus dem Seniorenheim teilnehmen, haben die Schüler selbst vorbereitet. Und dazu Volkslieder ausgewählt. Maurice Martins-Santana übernimmt das Ruder und kündigt das erste Lied an. Wenige Minuten später, als alle ihre Seiten aufgeschlagen haben, erklingt „Wenn ich ein Vöglein wär“. Martin Große Hundrup und Theresa Schulz spielen Keyboard, Christine Forthaus spielt Querflöte, Melanie Domke Geige und Marius Hagedorn Cello.
So geht es munter weiter mit „Horch, was kommt von draußen rein“ und der bekannten „Hollahi Hollaho“-Zeile. „Da haben wir beim Einstudieren ganz schön viel gelacht“, verrät Maurice. „Wir hören heute natürlich andere Musik, aber es hat trotzdem Spaß gemacht, sich mal mit diesen älteren Liedern zu beschäftigen.“ Die Schüler freuen sich, dass ihr Konzert so gut ankommt, und spielen weiter: „Wenn alle Brünnlein fließen“, „Bergvagabunden“, „Über den Wolken“ und „Marmor, Stein und Eisen bricht“ sowie als Zugabe „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Die vier Seniorinnen sind begeistert – und es kommen Erinnerungen auf.
An das Singen in geselligen Runden, aber auch an den eigenen Musikunterricht. Gesungen hätten sie damals immer sehr viel, blickt Paula Sudholt zurück. „Damals gab es noch was mit dem Stock auf die Finger. Meistens für die Jungen“, ergänzt Anni Bröcher, die die Dorfschule in Liesborn besucht hat. Sie schmunzelt, aber wie ihre Mitbewohnerinnen ist sie auch froh, dass diese strengen Zeiten lange vorbei sind. Von der freundlichen Atmosphäre im Unterricht sind alle angetan.
Tageszeitung „Die Glocke“ vom 13.11.2017:
„Kunst und Humor in der Demenz“
Aktionswoche soll die Schwere nehmen
Wadersloh (joh). Die Aktionswoche des Seniorenheims St. Josef in Zusammenarbeit mit dem Johanneum ist am Donnerstag in der Wadersloher Sonnenapotheke eröffnet worden. Heimleiter Andreas Wedeking stellte bei der Vernissage mit den Zeichnungen von Cartoonist Peter Gaymann das Projekt vor. Auch einige Bewohner hatten ihre Werke ausgestellt. Schüler der Schule und Bewohner des Seniorenheims lernen in dieser Woche den Alltag der anderen kennen. Die Aktion endet am Freitag mit dem Fachtag „Kunst und Humor in der Demenz“, bei dem Peter Gaymann persönlich zu Gast sein wird.
Heute und morgen werden die Heimbewohner an einer Musik- und einer Kunstunterrichtsstunde teilnehmen. Die Schüler besuchen ihrerseits das Seniorenheim und erleben dort eine Clownsvisite mit. Diese gibt es bereits seit mehreren Jahren im St.-Josef-Haus. Klinikclown und Altenpfleger Alexander Hauffen wird das Konzept der Clownsvisite bei einer Unterrichtsstunde im Johanneum vorstellen. Weitere Aktionen sind der Rolator-Tanztee und der Kinoabend mit Sketchen von Loriot.
Beim Fachtag „Kunst und Humor in der Demenz“ am Freitag im Rathaus werden vormittags Vorträge vor Fachpublikum stattfinden. Ab 14.30 Uhr ist die Öffentlichkeit eingeladen. Peter Gaymann wird zwei Cartoons anfertigen, die anschließend für den guten Zweck versteigert werden.
„Demenzkranke Menschen gehören ebenso zur Gesellschaft wie andere Menschen auch“, betont Heimleiter Andreas Wedeking das Ziel der Aktionswoche, dem Tabuthema Demenz die Schwere zu nehmen und die Angst, die damit verbunden ist, zu mindern.