Gott sei Dank ‚nur‘ eine Real-Übung
Da kommt man nachFeierabend die Diestedder Straße entlang gefahren und sieht überall Absperrungen, Feuerwehrwagen mit Blaulicht, Krankenwagen, Schaulustigen und wird von den Feuerwehrleuten begrüßt: „Na, hat man euch auch schon angerufen?“. Alles erstmal halb so wild, diese reale Übung war von langer Hand geplant, angemeldet und vorbereitet. Also: Nichts wie rein in die Szenerie: Der Feueralarm war bereits ausgelöst, die Feuerwehr ist alarmiert, die Trupps sind zusammengestellt und bereits vor Ort. Erste Anweisungen bezüglich des Brandherdes sind kommuniziert – und – in diesem Fall: technisches Drumherum ist aufgebaut: die Nebelmaschine, Generator, Schlauchsysteme sind zum Einsatz präpariert. Los geht’s!
Drei Opfer, alias zwei Dummies sowie der Einrichtungsleiter Andreas Wedeking als Lebendperson werden am Brandherd platziert. Was zuvor geschah: Andreas Wedeking (handelnd als Bewohner) wollte sich mit seinem Besuch und der Pflegerin eine Zigarette im Zimmer rauchen. (Aus Brandschutzgründen gibt es spezielle Raucherbereiche im Seniorenheim. Aber Verbotenes macht eben mehr Spaß!) Dabei fiel diese ins Bett und so entzündete sich das Feuer, das glücklicherweise lokal beschränkt war, d.h., ein einziger Wohnbereich war betroffen. Rauchschwaden, Nebel überall. Man sieht die Hand vor Augen nicht. Wedeking muss sich gedacht haben: „Entweder bin ich high, oder ich ersticke hier!“ Die Feuerwehrleute eilen herbei. Sie tragen volle Montur, Gasmasken mit Sauerstoff-Flaschen, Taschenlampen. Unheimlich. Es ist ganz leise, alles fühlt sich an wie taub, ganz dumpf. Schleichend, auf dem Boden tastend und stets bemüht mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen, nähert sich das Bergungsteam dem Opfer. „Hilfe, Schwester – hilfe – hilfe, ich kann mich nicht bewegen“, hört man nur ganz leise – wirklich sehr leise.
Der Bewohner, auf dem Bett liegend und völlig immobil, wird mitsamt der Matratze geborgen. Unterhalb jeder Matratze befinden sich speziell ausgerüstete Feuermatten, die es den Rettern ermöglichen, den Bewohner im Notfall dank spezieller Tragevorrichtungen alleine mitsamt der Matratze vorsichtig die Treppe hinunter zu ziehen. Jedes Bett ist so ausgerüstet. Ein weiteres Opfer befindet sich im Badezimmer, während die Pflegerin sich im Schrank versteckt hält. Im Schrank versteckt? „Die Menschen reagieren sehr paradox in solchen Brandsituationen“ erklärt Zugführer Yves Matthäus. Nach und nach werden nun auch diese fiktiven Menschen geborgen, so dass sie draußen weiter versorgt werden können.
Nach und nach werden alle Gerätschaften wieder eingepackt, die Feuerwehrmänner können sich nach dieser schweißtreibenden realen Übung wieder ‚entpacken‘, der Qualm wird weiterhin abgesogen, Aufräumarbeiten eben….
Im Anschluss gibt es eine Sachlagebesprechung des gesamten Feuerwehr-Teams, wobei der gesamte Einsatz nochmals professionell und detailliert reflektiert wird, Fehlerquellen aufgezeigt, Optimierungsvorschläge angedacht und Sachfragen erörtert werden. An dieser Stelle sagen wir nochmal ein herzliches ‚Dankeschön‘ an das gesamte Team der freiwilligen Feuerwehr für die Vorbereitung und Durchführung dieser Aktion.
So eine Art der Feuerwehrübung unter ‚realen‘ Bedingungen zu erleben, ist sehr gut für alle Beteiligten: Man nimmt die ganze Szenerie viel empathischer wahr, erlebt diese Situation mit allen Sinnen, die Wahrnehmung wird geschärft für menschliches Verhalten in einer derartigen Situation (z.B. das Verstecken im Schrank), Fehlerquellen können so im Vorfeld behoben und ausgeschlossen werden, ….
Bemerkenswert an der gesamten Übungssituation ist, dass die realen Bewohner so gut wie gar nichts davon mitbekommen haben.